Dienstunfall - Unfallruhegehalt - Dienstunfallentschädigung

Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, hat er gegen seinen Dienstherrn Anspruch auf zahlreiche Leistungen (Unfallfürsorge). Rechtsgrundlage ist das Beamtenversorgungsgesetz. Der Teufel steckt im Detail.

I.    Das wichtigste zuerst: Fristen!

Ansprüche aufgrund von Dienstunfällen müssen innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden:

1.    Achtung: Bei Sachschäden gilt kurze Ausschlussfrist von drei Monaten!

§ 32 Satz 1 und 2 Beamt VG: Sind bei einem Dienstunfall Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die der Beamte mit sich geführt hat, beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen, so kann dafür Ersatz geleistet werden. Anträge auf Gewährung von Sachschadenersatz nach Satz 1 sind innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten zu stellen.

2.    Andere Unfallfürsorgeansprüche

§ 45 BeamtVG enthält die Regelungen über das Melde- und Untersuchungsverfahren. Auch hier sind Fristen zu beachten:

a)    Für die Unfallmeldung: Ausschlußfrist von 2 Jahren

Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach dem BeamtVG entstehen können, sind innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten zu melden.

b)    Nur in Ausnahmefällen: Meldung innerhalb von 10 Jahren seit dem Unfall

Nach Ablauf der Ausschlussfrist wird Unfallfürsorge nur gewährt, wenn

  • seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und
  • gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles nicht habe gerechnet werden können oder
  • dass der Berechtigte durch außerhalb seines Willens liegende Umstände gehindert worden ist, den Unfall zu melden.

Die Meldung muss, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalles gerechnet werden konnte oder das Hindernis für die Meldung weggefallen ist, innerhalb dreier Monate erfolgen. Die Unfallfürsorge wird in diesen Fällen vom Tage der Meldung an gewährt; zur Vermeidung von Härten kann sie auch von einem früheren Zeitpunkt an gewährt werden.

II.    Was ist ein Dienstunfall?

1.    Gesetzliche Definition (§ 31 BeamtVG)

Ein Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

  1. Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
  2. die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
  3. Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist.

Auch Wegeunfälle können Dienstunfälle sein: Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle; hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Halbsatz 1 auch für den Weg von und nach der Familienwohnung.

2.    Äußere Einwirkung

Hierzu zählen z.B. tätliche Angriffe, Verkehrsunfälle.

3.    Problem Mobbing: Kein plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat in einem Urteil vom 02.04.2008 (3 A 263/06) entschieden, dass langandauerndes Mobbing hierzu nicht zählt. Die gesetzliche Voraussetzung „plötzlich“ sei nur dann erfüllt, wenn das Unfallereignis in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum eintritt und wirkt. Es muss sich zwar nicht um ein „Augenblicksereignis“ handeln, jedoch muss wenigstens feststellbar sein, dass innerhalb einer Arbeitsschicht eine Einwirkung erfolgte und ein Körperschaden konkret verursacht wurde, mag auch das volle Ausmaß des Körperschadens erst zu einem späteren Zeitpunkt erkennbar werden. Gleichzeitig fehlt es an einer „äußeren Einwirkung“ bei Ereignissen, die auf der Veranlagung oder auf inneren Vorgängen in dem Beamten selbst beruhen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ein anlagebedingtes Leiden mehr oder weniger zufällig gerade im Dienst hervortritt. Mithin ausgeschlossen sind im Allgemeinen Schäden, die auf inneren seelischen Vorgängen beruhen, die sich als Folge täglichen Ärgerns im Dienst über Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Untergebene zeigen; auch Erkrankungen aufgrund eigener nervöser Unrast und Überarbeitung fallen nicht unter § 31 BeamtVG. Gerade die Häufung und die aus der allein bei demm Kläger 16 Ereignisse umfassenden Aufzählung ersichtliche Folge verschiedener einzelner Vorgänge sei deutlicher Ausdruck einer „Dauerwirkung“. Die Entstehung einer Gesundheitsschädigung über einen Zeitraum von (mindestens) 1 ½ Jahren ist nicht auf ein plötzliches, zeitlich und örtlich bestimmbares Ereignis zurückzuführen
Mobbing kann aber u.U. als Dienstbeschädigung gewertet werden (§ 31 Abs. 3 BeamtVG).

4.    Einen Körperschaden verursachend

Dieser Punkt zählt zu den umstrittensten Fragen des Dienstunfallrechts. Das Unfallereignis muss die rechtlich allein wesentliche Ursache sein. Ursache ist nicht dasselbe wie Auslöser. Häufig sind Unfälle zwar Auslöser eines Körperschadens, rechtlich aber nicht die allein wesentliche Ursache. Es geht dabei um die sachgerechte Risikoverteilung. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (OVG Lüneburg - Beschluss vom 20.02.2009 - 5 LA 155/07). Das auslösende äußere Ereignis ist dann nicht ursächlich, wenn es sich um eine sog. Gelegenheitsursache handelt. Davon spricht man, wenn bereits eine krankhafte Veranlagung oder ein anlagebedingtes Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung eines akuten Erscheinens nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis denselben Erfolg herbeigeführt hätte.

Das Problem stellt sich z.B. immer dann, wenn bereits Vorschädigungen bestanden oder sich der Umfang vorhandener Vorschädigungen nicht mehr ermitteln lässt. Beispiel: Erleidet ein Polizeibeamter beim Dienstsport einen Achillessehnenriss, kann diese Verletzung nicht als Dienstunfall anerkannt werden, wenn sich nachträglich nicht mehr feststellen lässt, ob und ggf. in welchem Umfang die Sehe degenerativ vorgeschädigt war (VG Braunschweig - Urteil vom 01.02.2007 - 7 A 33/06 - http://www.dbovg.niedersachsen.de/Entscheidung.asp?Ind=0510020060000337+A&Style=PRN).

III.    Leistungen

Die Unfallfürsorge umfasst

  1. Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen (§ 32: Sind bei einem Dienstunfall Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die der Beamte mit sich geführt hat, beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen, so kann dafür Ersatz geleistet werden. Anträge auf Gewährung von Sachschadenersatz nach Satz 1 sind innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten zu stellen. Sind durch die erste Hilfeleistung nach dem Unfall besondere Kosten entstanden, so ist dem Beamten der nachweisbar notwendige Aufwand zu ersetzen.
  2. Heilverfahren (§§ 33, 34: Das Heilverfahren umfasst die notwendige ärztliche Behandlung, die notwendige Versorgung mit Arznei- und anderen Heilmitteln, Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Unfallfolgen erleichtern sollen, die notwendige Pflege).
  3. Unfallausgleich (§ 35: Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich.),
  4. Unfallruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag (§§ 36 bis 38: Setzt sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn er infolge dieses Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten und im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vom Hundert beschränkt ist.),
  5. Unfall-Hinterbliebenenversorgung (§§ 39 bis 42: Ist ein Beamter, der Unfallruhegehalt erhalten hätte, oder ein Ruhestandsbeamter, der Unfallruhegehalt bezog, an den Folgen des Dienstunfalles verstorben, so erhalten seine Hinterbliebenen Unfall-Hinterbliebenenversorgung),
  6. einmalige Unfallentschädigung (§ 43: Ein Beamter des Bundes, der einen Dienstunfall der in § 37 bezeichneten Art erleidet, erhält eine einmalige Unfallentschädigung von 150 000 Euro, wenn er nach Feststellung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle infolge des Unfalls in seiner Erwerbsfähigkeit dauerhaft um wenigstens 50 vom Hundert beeinträchtigt ist.),
  7. Schadensausgleich in besonderen Fällen (§ 43a: ),
  8. Einsatzversorgung im Sinne des § 31a: Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall wird auch dann gewährt, wenn ein Beamter auf Grund eines in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetretenen Unfalls oder einer derart eingetretenen Erkrankung im Sinne des § 31 bei einer besonderen Verwendung im Ausland eine gesundheitliche Schädigung erleidet (Einsatzunfall).